(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/97) < home RiV >
Die Handelskammer zur
Justiz

Die Justiz ist einer der Schwerpunkte des Jahresberichts 1996 der Handelskammer Hamburg, der gerade insoweit auch Gegenstand der Presse war. Auf 24 Seiten wird eingegangen auf die Erwartungen an den Rechtsstaat, auf die zunehmenden Belastungen und auf Entlastungsmöglichkeiten. Darin findet sich zwar nichts wesentlich Neues, aber die auch optisch ansprechende Zusammenstellung erfolgte äußerst sachkundig, und wichtig ist der Appell der Wirtschaft.

Die HK erwartet eine leistungsfähige Justiz. Eine solche sei ein bedeutender Standortfaktor Hamburgs. Jedoch: "Die seit geraumer Zeit bestehenden, sich zuspitzenden Probleme führen dazu, daß sich die Gerichtsbarkeit zum Engpaßfaktor auch für die Wirtschaft entwickelt." Zu beklagen seien Schäden durch die lange Dauer von Zivilverfahren (was Gläubiger teilweise in unhaltbare Schwierigkeiten bringe), von Registersachen und von Verwaltungsgerichtsverfahren (blockierte Investitionen). Lobend erwähnt wird die für vergleichsweise hoch gehaltene Anzahl von Kammern für Handelssachen und die Bildung spezifischen Know-how’s durch Spezialisierungen, wie sie z.B. bei den OLG-Senaten auf den Gebieten des Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Transport- oder Presserechts vorhanden seien.

Im Kapitel über zunehmende Belastungen werden zunächst die Eingangszahlen je Richter behandelt ("überwiegend gestiegen"). Der Abbau des Personals um 2,6 % seit 1993 habe zu weiteren Mehrbelastungen geführt. Die graphische Darstellung der Verfahrensdauer ("praktisch bei allen Gerichten doch stetig gestiegen") läßt die Strafkammern besonders ins Auge fallen. Warum die Zivilverfahren immer komplizierter werden, wird ebenfalls näher dargelegt. Ohne Gegensteuerung seien bis zum Jahr 2000 bundesweit 3.000 zusätzliche Richter erforderlich. Auch gesteht die HK der Justiz "einen Anspruch auf angemessene Alimentierung durch den Staat" zu.

Daß sich die HK im Kapitel über Entlastungsmöglichkeiten dennoch gegen eine Erhöhung des Personalbestands ausspricht, entspricht dem Zeitgeist; ihre Argumente hierfür (Haushaltslage, Richterdichte und Verfahrenshäufigkeit) tragen insoweit jedoch nicht.

Die HK plädiert"ganz entschieden" dafür, daß Parlamente und Regierungen die Reform der Justiz durchsetzen. Das Projekt "Justiz 2000" sieht sie allerdings nur als ersten Schritt in die richtige Richtung. Erforderlich seien:

Wolfgang Hirth